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«Jeder Mensch ist viel mehr, als er von anderen wahrgenommen wird.»

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Vor einiger Zeit habe ich ein Gespräch mit dem in Berlin lebenden Filmemacher Alexander Smoljanksi machen dürfen. Der ursprünglich in Leningrad/St. Petersburg geborene Regisseur (u.a. des Films «In Search of a Lost Paradise» über die sowjetische Künstlerin Valentina Kropivnitskaja) ist auch Übersetzer, u.a. der Werke von Woody Allen und Isaac Bashevis Singer.


Smoljanksi hätte nach Ansicht einer bekannten Autorin auch Schriftsteller werden können.

Seine Antwort war, dass er mehr daran interessiert sei, «das Leben zu leben als es zu beschreiben». Überhaupt glaubt er, dass die Menschen sich meist so sehr zu einer Seite ihrer Persönlichkeit hingezogen fühlen und dadurch andere Seiten nicht mehr leben (können). Er selbst setzt deshalb auf ein Leben, das mehrere Tätigkeiten gleichzeitig kombiniert. Es biete ihm, wie er mir erklärte, die «Möglichkeit einer umfassenderen Selbstverwirklichung.»


Smoljanski ist ein äusserst anregender Gesprächspartner, weitläufig gebildet in Literatur, Kunst und Musik. Mit einem solchen Menschen Zeit zu verbringen ist ein Geschenk. Nicht wegen seines Faktenwissens, sondern dank seiner Fähigkeit, über Dinge zu reflektieren, die unser aller Leben angeht.


Wie denn die Literatur sein Leben geprägt habe, fragte ich ihn. «Ich als Teil dieser Welt wäre ohne die Bücher von Dante, Shakespeare, Tolstoi, Joyce, Kafka, Proust oder Borges ein ganz anderer Mensch und wüsste viel weniger über mich selbst und andere Menschen. Ich würde viel schlechter verstehen, warum ich mich freue, weswegen ich leide oder wütend werde und wieso ich Eifersucht fühle.»


Der überzeugte Europäer Smoljanski ist viel auf Reisen. Für ihn ist jede Reise nicht nur ein weiterer Schritt, um die Welt und die Menschen kennen zu lernen, sondern auch eine Selbstentdeckung: «Ich tauche in die Reise als ein gewisser Mensch ein und komme als ein anderer heraus. Diese Verwandlung meines Selbst zu beobachten ist für mich der grösste Sinn des Reisens.»   


Ein anderer Teil unseres Gesprächs erschien vor kurzem in Form eines Porträts in einer Berliner Wochenzeitung: https://www.juedische-allgemeine.de/unsere-woche/sprachen-bilder-welten/


Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viele gedankenreiche Anregungen bei der Lektüre.

 
 
 

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